Corona

Kitas und Schulen zu: Was Eltern jetzt wissen müssen

21.04.2020 | Um die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland zu verlangsamen, haben die Bundesländer die Schließung von Kitas und Schulen bis auf weiteres beschlossen. Für Schüler, die in nächster Zeit Prüfungen wie das Abitur ablegen, gibt es Sonderregelungen. Doch wie regeln Eltern jetzt die Betreuung?

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Viele Eltern fragen sich derzeit: "Wie steht es um meine Arbeit und meinen Lohn, wenn aufgrund des Corona-Virus der Kindergarten oder die Schule meines Kindes geschlossen hat und ich nicht arbeiten kann?" Am 27. März ist dazu ein Gesetz verabschiedet worden.

Im Rahmen dieses Gesetzes wurde mit Wirkung zum 30. März 2020 eine neue Leistung für Sorgeberechtigte - also Eltern und Pflegeeltern - eingeführt, die während der behördlich angeordneten Kita- oder Schulschließungen die Betreuung ihrer Kinder sicherstellen müssen.

Bleiben berufstätige Eltern zur Kinderbetreuung zu Hause, entfällt in der Regel der Anspruch auf Vergütung. Ob und inwieweit eine Entgeltfortzahlung auf Grundlage von Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs („vorübergehende Verhinderung“) möglich ist, ist unter Juristen umstritten. Der Paragraf besagt, dass wer ohne eigenes Verschulden und aus einem persönlichen Grund nicht zur Arbeit kommen kann, trotzdem weiter Gehalt erhält. Allerdings sind die möglichen Fälle für bezahlte Freistellungen meistens in Arbeitsverträgen oder per Tarifvertrag abschließend geregelt. Hier gibt es Freistellungstage z.B. für Eheschließungen oder auch Krankheit eines Kindes – aber nicht für behördlich angeordnete Schließungen von Betreuungseinrichtungen, wie wir sie derzeit erleben.

Der Gesetzgeber hat aber reagiert:
Nach § 56 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) erhalten Erwerbstätige, die aufgrund einer Infektionskrankheit einem Tätigkeitsverbot unterliegen und dadurch einen Verdienstausfall erleiden, eine finanzielle Entschädigung. Seit dem 30. März 2020 gilt dies nach dem neuen Absatz 1a auch für Erwerbstätige mit Kindern, deren Betreuungseinrichtung (Kita oder Schule) die zuständige Behörde wegen Infektionsgefahr vorübergehend geschlossen hat und für die keine andere Betreuungsmöglichkeit sichergestellt werden kann.

Was regelt das Infektionsschutzgesetz für Eltern und Erziehende?
Die neue Regelung gilt für Eltern oder Pflegeeltern, die einen Verdienstausfall erleiden, weil sie ihre Kinder aufgrund der behördlich angeordneten Schließung von Betreuungseinrichtungen und Schulen selbst betreuen müssen und auf keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit zurückgreifen können. Sie erhalten eine Entschädigung von 67 Prozent des Netto-Verdienstausfalls (höchstens 2 016 Euro im Kalendermonat) für einen Gesamtzeitraum von sechs Wochen.
Einen Anspruch auf Entschädigungszahlung gibt es, wenn das zu betreuende Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Bei mehreren Kindern ist das Alter des jüngsten Kindes entscheidend. Ausnahmen gelten nur für Kinder mit Behinderung, die auf Hilfe angewiesen sind.

Wann erhalte ich keine Entschädigung für meinen Verdienstausfall wegen Kinderbetreuung?
Das Gesetz verlangt, dass sich Eltern um eine zumutbare Betreuungsmöglichkeit zu kümmern haben, z. B. dass sie eine Notbetreuung in der Kindertagesstätte oder in der Schule in Anspruch nehmen oder dass sich der andere Elternteil um die Betreuung kümmert. Auch andere Familienmitglieder oder Verwandte können für eine zumutbare Betreuung infrage kommen. Dieser Personenkreis ist unseres Erachtens zu weit gefasst.
Es gilt aber: Menschen, die den Risikogruppen angehören – auch Großeltern – sind hiervon ausgenommen.
Auch die Möglichkeit im Homeoffice von zu Hause zu arbeiten, wird als „zumutbare Betreuungsmöglichkeit“ angesehen.
Auch Eltern, die in Kurzarbeit sind, haben kein Recht auf Entschädigung, zumindest in dem Umfang, in dem sie ihre Arbeitszeit reduziert haben. Wichtig: Die fehlende Betreuungsmöglichkeit muss gegenüber der Behörde und, falls es dieser verlangt, gegenüber dem Arbeitgeber nachgewiesen werden.
Außerdem müssen Eltern arbeits- oder tarifvertragliche Möglichkeiten, sich bezahlt freistellen zu lassen, vorrangig nutzen, z. B. Arbeitszeitguthaben (Plusstunden), Resturlaubstage aus dem Vorjahr und bereits genehmigte Urlaubstage, die im Schließungszeitraum der Betreuungseinrichtung liegen. Arbeitgeber können Arbeitnehmer aber nicht verpflichten, ihren gesamten Jahresurlaub für das laufende Kalenderjahr in Anspruch zu nehmen, bevor sie den Entschädigungsanspruch geltend machen können.

Welche Freistellungsmöglichkeiten für Kinderbetreuung gibt es noch?
In der Metall- und Elektroindustrie gibt es die tarifliche Freistellungszeit zur Betreuung von Kindern. Beschäftigte können beantragen, anstelle der Auszahlung des tariflichen Zusatzgeldes (T-ZUG A) acht freie Tage in Anspruch zu nehmen (Wahloption). Hierzu musste bis Ende Oktober des vorangegangenen Jahres ein Antrag auf Ausübung der Wahloption beim Arbeitgeber gestellt worden sein.

Dieser Anspruch ist durch den im März 2020 abgeschlossenen „Solidartarifvertrag“ für das Kalenderjahr 2020 und zur Abdeckung von Betreuungszeiten infolge der Schließung von Betreuungseinrichtungen erweitert worden:
•    Der Anspruch gilt auch für Beschäftigte mit Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr.
•    Der Anspruch kann für 2020 neu geltend gemacht werden, hierfür ist eine Ankündigungsfrist von 10 Kalendertagen einzuhalten, die aber einvernehmlich abgekürzt werden kann.

Da es sich um bezahlte Freistellungstage handelt, ist davon auszugehen, dass diese vor Inanspruchnahme des Entschädigungsanspruchs nach § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz genommen werden müssen.

Außerdem gibt es im "Solidartarifvertrag"  fünf weitere bezahlte Freistellungstage für eine notwendige Betreuung von Kindern bis zum 12. Lebensjahr infolge von behördlich geschlossenen Einrichtungen. Diese Tage können Eltern nutzen, wenn sie sonstige bezahlte Freistellungsmöglichkeiten, wie der Entschädigungsanspruchs nach § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz, Resturlaubsansprüche, Arbeitszeitkonten und Freistellungstage verbraucht haben.

Darf ich im Homeoffice beziehungsweise von zu Hause aus arbeiten?
Das Thema Homeoffice sollten Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber besprechen. Hier gibt es tarifliche und betriebliche Lösungen. Ein allgemeiner Anspruch auf Homeoffice besteht nicht. Im Tarifabschluss der Metall- und Elektroindustrie haben die Tarifparteien aber die Empfehlung ausgesprochen, Homeoffice unbürokratisch und so weit wie möglich zu nutzen. Auch hier sollten sich Beschäftigte an ihren Betriebsrat wenden.
Aber Achtung: Zu beachten ist, dass die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, den Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz ausschließt. Eine wirkliche Kinderbetreuung ist, gerade bei jüngeren Kindern, im Homeoffice nicht gewährleistet. Soweit die Betreuung eines Kindes notwendig ist, sollte daher mit dem Arbeitgeber besser eine vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung – auch im Homeoffice – erfolgen, die dann zu einem Verdienstausfall führt und einen Anspruch auf Entschädigung auslösen kann.

Darf ich mein Kind mit zur Arbeit nehmen?
Einen Anspruch darauf, sein Kind oder seine Kinder mit ins Büro oder die Firma zu nehmen, gibt es nicht. Das ginge nur in Absprache mit dem Arbeitgeber. Es widerspricht auch dem Rat der Gesundheitsexperten, soziale Kontakte derzeit auf ein Minimum zu reduzieren. Eltern sollten daher eine andere Lösung für die entfallene Betreuungsmöglichkeit suchen.

Von: al

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